Über TRUMP und TRENNUNG

Es ist schon wieder passiert. Donald Trump wird zum zweiten Mal Präsident der Vereinigten Staaten, und das trotz seines Aufrufs zum Sturm auf das Kapitol sowie diverser Amtsenthebungs- und Gerichtsverfahren gegen ihn. Ich habe eine Woche gebraucht, um diese Nachricht zu verdauen.

Ich konnte erst gar keine Nachrichten mehr sehen, weil ich Angst hatte, ihn oder seinen noch unsympathischeren Vizepräsidenten im Siegesrausch zu sehen. Rein menschlich finde ich diese beiden Gestalten und noch viele andere, die sich in diesem Umfeld aufhalten, wie z.B. die beiden Trump-Söhne Eric und Donald jr., den größenwahnsinnigen Elon Musk oder den fiesen rechten Strippenzieher im Hintergrund Roger Stone – um nur einige zu nennen – einfach unerträglich. Ich verabscheue sie regelrecht und kann nicht verstehen, wie man für sie Sympathien hegen, geschweige denn sie in die wichtigsten Machtpositionen der Welt wählen kann. Es ist und bleibt mir völlig unverständlich.

Aber nach einer Woche Digital Detox habe ich die ersten Kommentare von Leuten gelesen, von denen ich glaube, dass sie eine ähnliche Abneigung haben und genauso schockiert sein müssen wie ich. Und langsam beruhige ich mich, denn sie haben eine wirklich gute Erklärung für das aus demokratischer Sicht desaströse Wahlergebnis. Sie sagen, dass die meisten Trump gewählt haben, um das ganze System zu Fall zu bringen. Die meisten Trump-Wähler sind auch keine glühenden Fans von Trump und seinen Gefolgsleuten, aber sie sehen in ihm eine Art Abrissbirne. Donald Trump – und auf der anderen (helleren) Seite – Bernie Sanders sind vor allem deshalb so erfolgreiche Präsidentschaftskandidaten, weil sie eben keine Berufspolitiker sind, die so tief in den politischen Betrieb verstrickt sind, dass sie am Ende keine eigenen Entscheidungen mehr treffen können und eigentlich nur noch Marionetten der großen Lobbyisten sind. Von solchen Politikern ist einfach keine wirkliche Veränderung mehr zu erwarten. Ähnlich wie Angela Merkel bei uns in Deutschland, die mit ihrer „Merkel-Raute“ einfach alles aussaß und immer wieder neue Abwrackprämien und andere Geschenke an die Wirtschaft verteilt hat, ohne wirkliche Veränderungen durchzusetzen, hängt die Demokratische Partei in den USA an den gleichen Trögen der Wirtschaft, die auch die Republikaner füttern. Beide sorgen dafür, dass die großen Konzerne und alle, die von ihnen profitieren, immer reicher und mächtiger werden, während die Arbeitnehmer, von denen ohnehin nur ein sehr kleiner Bruchteil gewerkschaftlich organisiert ist, vom Wachstum nichts abbekommen. Während eine kleine Elite immer reicher wird, geht die große Mehrheit leer aus und lebt ohne Sicherheiten von der Hand in den Mund. Mit dieser Ungerechtigkeit will die große Mehrheit nun Schluss machen, notfalls mit Gewalt in Form einer Abrissbirne.

Und damit kann ich mich wieder anfreunden. Es hilft mir, meinen Schock über die Wiederwahl Trumps zu überwinden, weil ich die Motivation und die Beweggründe, die hinter dieser Wahlentscheidung der amerikanischen Bevölkerung stehen, durchaus nachvollziehen kann und sogar damit sympathisiere. Denn nichts anderes beschäftigt mich seit Jahren. Ich teile die Sorge um die Spaltung der Gesellschaft in einen winzigen Teil, der alles hat, und eine überwältigende Mehrheit, die nichts mehr hat. Und damit meine ich persönliche Rechte und Freiheiten, wirtschaftliche und politische Macht und natürlich Sicherheit und Vermögen.

Die Wahl von Trump ist ein Bild dafür, dass die Trennung der Gesellschaft nun endgültig nicht mehr tragbar ist. Sie ist der erste spürbare Wind einer gewaltsamen Revolution, die sich in dunklen Wolken am Horizont ankündigt. Wenn wir nicht auf dieses deutliche Zeichen hören, wird der Sturm der Revolution alles mit sich reißen, denn so kann es nicht weitergehen. Trump, der jetzt die Mehrheit in allen Kammern und sogar den Supreme Court in der Tasche hat, wird dafür sorgen, dass es kein Zurück mehr gibt. Im Gegenteil, er wird dafür sorgen, dass uns alles noch schneller um die Ohren fliegt, indem er der Wirtschaft nun endgültig alles erlaubt. Damit wird er seiner Rolle als Abrissbirne gerecht. Er ist sozusagen ein Katalysator, ein Brandbeschleuniger, der dem eigentlichen Ziel dient, das ganze System zum Einsturz zu bringen.

Ein Wandel durch Vernunft und Moral, für den Kamala Harris mit ihrer Kampagne stand, erschien der amerikanischen Bevölkerung nicht mehr wahrscheinlich. Zu lange hatte sie zugesehen, wie die Politik der Wirtschaft aus der Hand fraß und sich immer mehr in deren Dienst stellte. Die Wahl Trumps war eine Bauchentscheidung, die der Erkenntnis folgte, dass manches nur mit einem Knall enden kann, nicht aber mit einem gesellschaftlichen Dialog, bei dem ein immer größerer Teil der Bevölkerung ohnehin nicht mehr gehört wurde.

Es ist Zeit für einen echten Wandel. Auch hier in Deutschland. Als Politiker – oder besser als angehender Politiker – hat man jetzt eine echte Chance. Zum einen zeigt das Beispiel Trump, dass man gerade als Quereinsteiger heute gute Chancen hat, gewählt zu werden. Zum anderen hat Trump gezeigt, dass die Rolle der schimpfenden Abrissbirne heute durchaus gefragt ist. Nichts anderes macht schließlich den Erfolg der AfP in Deutschland aus.

Nun wäre es natürlich schön, wenn nicht überall auf der Welt Menschen vom Schlage eines Donald Trump politisch aktiv würden, sondern natürlich vor allem Menschen, die der Gesellschaft wirklich helfen wollen. Die sollten jetzt eine ganz einfach zu verstehende Agenda aufschreiben und diese in Trump-Manier dem politischen Betrieb in Berlin um die Ohren hauen. Die Themen sind klar: 1. gerechte Verteilung des Wohlstands in der Bevölkerung, 2. Entmachtung der großen internationalen Konzerne und Finanzdienstleister und 3. nachhaltiger und sofortiger Schutz der Umwelt. In diesen Punkten steckt so viel Potenzial, Menschen zu beschäftigen und echte Innovationen voranzutreiben, dass es eigentlich nur logisch ist, solche großen Veränderungen jetzt sofort anzugehen.

Zum Beispiel könnte man Autos per Gesetz komplett aus den Städten verbannen. Dann müsste die deutsche Automobilindustrie neue Mobilitätskonzepte und Fahrzeuge speziell für die Stadt entwickeln. Die freien Flächen könnten dann mit Bäumen bepflanzt oder für soziale Aktivitäten genutzt werden. Die Menschen würden endlich wieder frische Luft atmen und die Städte wären im Sommer deutlich kühler. Würde dies flächendeckend umgesetzt, wäre Deutschland wieder ein echter Innovationsmotor, der seine neuen Ideen gewinnbringend in die Welt exportieren könnte.

Natürlich klingt das jetzt wieder utopisch, aber die „Alternative für Deutschland“ ist leider nur ein deutscher Donald Trump und ein lauter Knall. Und das hat es ja alles schon einmal gegeben.